Mit der "Herausforderung Inklusion" ... (Foto: Stephanie Hofschlaeger / pixelio.de)

... besch?ftigt sich im M?rz 2014 eine Tagung des Bamberger Zentrums für Lehrerbildung ...

... in Kooperation mit der Lebenshilfe Bamberg.

Inklusion ist kein Selbstl?ufer

Bamberger Zentrum für Lehrerbildung bietet Diskussionsplattform

?Der Lehrer hat die Aufgabe, eine Wandergruppe mit Spitzensportlern und Behinderten bei Nebel durch unwegsames Gel?nde in nordsüdlicher Richtung zu führen, und zwar so, dass alle bei bester Laune und m?glichst gleichzeitig an drei verschiedenen Zielorten ankommen“, erkl?rte bereits 1988 ein Münchner Arbeitsmediziner. An Brisanz hat dieses Zitat bis heute nichts eingebü?t. Im Gegenteil, mit der Forderung nach mehr Inklusion sind auch die Anforderungen an Lehrkr?fte und das Schulpersonal enorm gestiegen. Wie kann man lernschwache Kinder ebenso gut f?rdern wie leistungsst?rkere? Aber auch: Welche Belastung bedeutet inklusiver Unterricht für eine Familie und für die Lehrkr?fte?

?Inklusiver Unterricht ist Aufgabe aller Schulen“

Inklusion leitet sich vom lateinischen Verb ?includere“ ab, also einschlie?en oder beinhalten. In der P?dagogik fasst man darunter die Forderung, heterogene Schülergruppen gemeinsam zu unterrichten. ?Seit einer Gesetzes?nderung müssen ALLE Schulen inklusiven Unterricht anbieten“, erkl?rt Dr. Thomas Beck, der Gesch?ftsführer des Bamberger Zentrums für Lehrerbildung (BAZL), das die Lehramtsstudieng?nge koordiniert und betreut. Seit 2008 ist dieser Grundsatz im ?Bayerischen Gesetz über das Erziehungs- und Unterrichtswesen (BayEUG)“ verankert. Wie das Gesetz umgesetzt werden kann, ist dabei noch offen. ?Die Universit?t Bamberg m?chte in diesem Prozess Impulse setzen“, so Beck. Deswegen l?dt sie im M?rz zu einer Tagung ein, bei der alle Betroffenen ihre Erfahrungen einbringen k?nnen und sollen: Lehrer und Schulleiter, Eltern und Sozialp?dagogen, Betroffene und politische Entscheidungstr?ger.

Kooperationspartner bei der Tagung ist die Lebenshilfe Bamberg. Cosimo Mangione, Doktorand an der Universit?t Magdeburg und zust?ndig für die strategische und konzeptionelle Ausrichtung der Lebenshilfe Bamberg, wei?, dass unter den jetzigen Rahmenbedingungen nicht alle Schülergruppen gleich gut von inklusivem Unterricht profitieren. W?hrend lernschwache Kinder in diesem Setting sehr wohl bessere Leistungen bringen k?nnen, gilt dies nicht zwangsl?ufig für Schülerinnen und Schüler mit geistiger Behinderung. Mangione kennt auch die paradoxe Situation gut, in der sich viele Kinder mit Behinderung an Regelschulen befinden: ?Wenn sie von Schulbegleitern in einem Regelkontext unterstützt werden, wird ihnen st?ndig vor Augen geführt, dass sie anders sind als die anderen. Manche wollen dann nicht l?nger dort hingehen. Dieses und ?hnliche Dilemmata sind nicht so leicht aufl?sbar.“ Auch fühlen sich gerade viele ?ltere Lehrkr?fte oder die Schulleitung von der neuen Entwicklung überfordert und allein gelassen. Mangione wünscht sich deshalb, dass dieses Problemfeld st?rker in den Fokus der Wissenschaft rückt.

Inklusion als gesamtgesellschaftliche Herausforderung

?Inklusion erfordert ein Zusammenspiel aller Berufsgruppen“, erkl?rt die Sozialp?dagogin Prof. Dr. Rita Braches-Chyrek, die die Schulp?dagogin und Leiterin des BAZL Prof. Dr. Sibylle Rahm bei der Tagung unterstützt. ?Es ist wichtig und unsere Aufgabe, ihnen allen die M?glichkeit zum Austausch zu geben“, so Rahm. In der heutigen Schulrealit?t kann man keine sinnvollen Grenzen zwischen den Aufgabenbereichen mehr ziehen, sind sich Braches-Chyrek und Rahm einig: Nicht nur die Lehrkraft sollte für den Unterricht zust?ndig sein, und die Sozialp?dagogik für die sozialen Problemkinder und die Nachmittagsgestaltung, sondern alle müssen gleicherma?en eingebunden werden.

Thomas Beck wei? von früheren Tagungen: ?Wir lernen bei einer solchen Veranstaltung so viel wie die Lehrkr?fte. Wir erfahren von organisatorischen Problemen an den Schulen, die üblicherweise im wissenschaftlichen Horizont gar nicht vorkommen.“ Erste Ergebnisse der Kooperation mit der Lebenshilfe gibt es an der Universit?t Bamberg bereits: Studierende sollen bald die M?glichkeit bekommen, an der Schule der Lebenshilfe zu hospitieren, um so ihre Berührungs?ngste abzubauen. ?Sie sind sehr an diesem Thema interessiert, beispielsweise für ihre Abschlussarbeiten“, erkl?rt Rahm. Mit Seminaren und Vorlesungen ist Inklusion ohnehin l?ngst Teil des modularisierten Studiums. Cosimo Mangione freut sich aber besonders über die ?institutionellen Lernprozesse“, die die Tagungsvorbereitung bereits jetzt angesto?en hat, um auch Betroffenen die Teilnahme zu erm?glichen. Bei einer gemeinsamen Begehung der Tagungsr?ume kam heraus, dass von drei Behindertentoiletten nur eine genutzt werden konnte. Die anderen waren nicht beschildert, wurden als Abstellkammer genutzt oder lagen oberhalb von Treppenstufen. Dort wird die Hausverwaltung nun eine Rampe anbauen.

Patentl?sungen gibt es (noch) nicht

Die Projektpartner setzen gro?e Hoffnungen in die Tagung. Thomas Beck erwartet einen langen Diskussionsprozess, bevor es praxistaugliche L?sungen für inklusiven Unterricht gibt. ?Solche Entscheidungen kann man nicht am grünen Tisch treffen. Wunderbare theoretische L?sungen helfen uns nichts, wenn sie an ganz einfachen praktischen Hindernissen scheitern müssen, weil diejenigen davon gar nichts wissen, die die Hindernisse aus dem Weg r?umen k?nnten. Bei der Abschlussdiskussion sind deswegen auch Politiker eingeladen.“ In den etablierten p?dagogischen Theorien sind bereits viele Ans?tze beschrieben, mit Unterschiedlichkeit umzugehen, sind sich die Bamberger einig und sehen es als ihre Aufgabe, diese nun unter dem Aspekt der Inklusion wissenschaftlich zu beleuchten. Allgemeingültige Rezepte erwarten sie nicht von der Tagung – wohl aber ein neues Bewusstsein und frische Perspektiven für alle Beteiligten rund um die ?Herausforderung Inklusion“.

Tagung und Vortragsreihe

Am 27. und 28. M?rz 2014 veranstaltet das Bamberger Zentrum für Lehrerbildung zusammen mit der Lebenshilfe Bamberg die Tagung ?Herausforderung Inklusion“. Vortr?ge, Workshops und Podiumsdiskussionen sollen theoretische und praktische Perspektiven zu Schule, Unterricht und Berufsgruppen bieten. Anmeldeschluss ist der 21. Februar.

Darüber hinaus findet im Sommersemester 2014 eine Vortragsreihe mit Gastreferentinnen und -referenten zum Thema statt.