Portr?tfoto der Professorin Hoffmann-Lange

▼ Professorin Dr. Ursula Hoffmann-Lange [1999]

Inhaberin der Professur fu?r Politikwissenschaft, insbesondere Politische Systeme, in der Fakulta?t Wirtschafts- und Sozialwissenschaften

\\ PROFESSORINNEN AN DER UNIVERSIT?T BAMBERG

\\ INTERVIEW VON 1999

 

"Im Studium gibt es eigentlich kaum Unterschiede, und auch die Noten sind fast bis hinter das Komma zwischen Ma?nnern und Frauen vo?llig identisch. Aber nach dem Studium zeigt es sich klar, da? der Anteil der Frauen bei den Promotionen sehr stark heruntergeht."


Wu?rden Sie bitte Ihre berufliche Laufbahn vorstellen?

Nach dem Abitur war ich erst einmal auf der Pa?dagogischen Hochschule, hatte aber keinerlei Interesse, Lehrerin zu werden, und bin deshalb nach Abschlu? des Examens zu einem Verlag gegangen. Dort habe ich festgestellt, da? man ohne Studium nicht weiterkommt und keine interessanten Aufgaben bekommt. Auf eigene Initiative habe ich dann angefangen, Soziologie und Politikwissenschaft an der Universita?t Mannheim zu studieren. Meinen Abschlu? habe ich dort 1970 gemacht. 1977 habe ich in Mannheim in einem Forschungsprojekt, in dem ich zwischenzeitlich bescha?ftigt war, promoviert. Drei Jahre war ich dann im Zentrum fu?r Umfragen in Mannheim bescha?ftigt, bin dann wieder an die Universita?t gewechselt, um an einem Forschungsprojekt von 1980 bis 1985 teilzunehmen. Anschlie?end bin ich fu?r drei Jahre in die USA als Austauschprofessorin und im Anschlu? daran 1989 zum deutschen Jugendinstitut gegangen. In dieser Zeit habe ich 1990 habilitiert. Von dort aus bin ich nach Bamberg gekommen, 1992 zuna?chst als Vertreterin der Professur fu?r Politikwissenschaft, insbesondere Politische Systeme, und 1994 bin ich dann ernannt worden.

Erhielten Sie in Ihrer beruflichen Laufbahn Unterstu?tzung oder wurden Sie beeinflu?t?

Ich habe ein Promotionsstipendium gehabt, also finanzielle Unterstu?tzung, sonst keine weitere. Ich habe auch das Studium selbst finanziert.

Wenn ich fragen darf, haben Sie Kinder?

Nein, aber warum fragen Sie das? Ich denke, dies ist ein Interview u?ber meinen beruflichen Werdegang. Warum werden denn Frauen in einem solchen Zusammenhang immer auch nach ihrem Privatleben gefragt?

Nun, ich fand es bei meiner Recherche recht auffa?llig, da? so wenig Frauen eine Hochschulkarriere ausu?ben und erkla?rte mir dies mit der immer noch vorhandenen traditionellen Familienplanung. Was glauben Sie denn, warum es nur wenige Frauen an der Universita?t gibt, die lehren?

Das ist eine neue Entwicklung, da? sich Frauen auch in der Wissenschaft beta?tigen. Das war ein sehr langer Zeitraum, bis sich dies entwickelt hat und bis die Frauen studiert haben, deren Hauptinteresse auch dem Beruf und der Wissenschaft galt, wa?hrend fru?her auch von der Rollenzuschreibung an die Frauen die meisten Frauen das gar nicht als Berufsperspektive betrachtet haben. Das war bei mir im Studium noch so, da? einige zwar in der Wissenschaft geblieben sind, aber eigentlich mehr, weil die Familiengru?ndung nicht geklappt hat, als da? sie von vornherein Interesse daran hatten, Professorin zu werden. Ich denke, das wird sich auch in den na?chsten Jahren sehr stark a?ndern, es hat sich ja schon gea?ndert. Das mu? man einfach klar sagen, diese traditionellen Geschlechterrollen lo?sen sich ja doch ziemlich rapide auf, auch wenn Unterschiede natu?rlich nach wie vor vorhanden sind.

Sie sind Universita?tsfrauenbeauftragte. Wie praktizieren Sie dieses Amt?

Sagen wir einmal so, ich verstehe dieses Amt so wie es im Gesetz definiert ist, na?mlich da? ich mich auf die Einhaltung der gleichen Chancen von Ma?nnern und Frauen konzentriere. Wir haben dies gemacht, indem wir Umfragen durchgefu?hrt haben, um erst einmal eine Datenbasis zu bekommen, wo es denn Unterschiede zwischen Ma?nnern und Frauen auch im Hinblick auf Chancengleichheit an der Universita?t gibt. Das Amt bezieht sich ja sowohl auf die Studierenden als auch auf das weibliche wissenschaftliche Personal. Deshalb la?uft im Moment eine Mittelbaubefragung, weil ich aus der Ta?tigkeit den Eindruck habe, da? die Haupthu?rde nach dem Studium beginnt. Im Studium gibt es eigentlich kaum Unterschiede, und auch die Noten sind fast bis hinter das Komma zwischen Ma?nnern und Frauen vo?llig identisch. Aber nach dem Studium zeigt es sich klar, da? der Anteil der Frauen bei den Promotionen sehr stark heruntergeht. Deshalb denke ich, da? das auch ein wesentlicher Punkt ist, wo man mit Frauenfo?rderung ansetzen mu?. Ich finde es sehr gut, da? es das Hochschulsonderprogramm III mit Stipendien nur fu?r Frauen gibt, um mo?glichst schnell in dieser Phase den Anteil der Professorinnen zu erho?hen. Ich glaube, je mehr Frauen an der Universita?t sind, um so normaler wird es auch vom Nachwuchs wahrgenommen, da? Frauen auch zum Erscheinungsbild der Universita?t geho?ren.

Wo liegt Ihr Forschungsschwerpunkt? Hat er vielleicht etwas mit dem Thema Frauen zu tun? 

Ich habe zwei Forschungsschwerpunkte: Einer ist politische Einstellungen von Jugendlichen und politische Sozialisation im Jugendalter. Hier geht man zwangsla?ufig geschlechtervergleichend vor, also es hat insofern sehr wohl etwas mit Frauen zu tun. Ich habe auch u?ber Unterschiede zwischen jungen Frauen und Ma?nnern, die auch heute noch in dieser ju?ngsten Generation existieren, publiziert. Das andere Thema sind Eliten, Inhaber von Fu?hrungspositionen. Auch da ist man zwangsla?ufig mit dieser Frage bescha?ftigt, aber man kann sagen, bis heute sind Frauen in Fu?hrungspositionen, also in Toppositionen, auf nationaler Ebene eher Ausnahmeerscheinungen und daran hat sich auch in den letzten 15 Jahren, ich habe das gerade untersucht, wenig gea?ndert. Insofern ist es auch ein Teil des Themas.

Vielen Dank fu?r das Gespra?ch! 


NACHTRAG von Dezember 2017.

Wie ich bereits 1999 erwartete, hat sich in den letzten 18 Jahren viel getan. Seinerzeit war ich die einzige Professorin an der Fakult?t Sowi, inzwischen gibt es insgesamt 13 Professorinnen (28,3%). Als ich zudem das Amt der Frauenbeauftragten 1995 übernahm, war es einige Jahre verwaist gewesen und musste erst einmal neu aufgebaut werden. Dafür war es notwendig, die Belange des Amtes in der akademischen Selbstverwaltung zu vertreten sowie eine Stelle für eine Halbtagsmitarbeiterin und Mittel für studentische Hilfskr?fte zu beantragen. Heute ist das Amt wesentlich besser ausgestattet und kann eine wesentlich gr??ere Vielfalt an Dienstleistungen anbieten. Ich h?tte auch noch zwei kleine Anregungen. Erstens finde ich es sehr bedauerlich, dass das Amt immer noch ?Frauenbeauftragte“ hei?t und damit das zentrale Anliegen der Gleichstellung von M?nnern und Frauen im akademischen Bereich nicht im Namen führt. Damit wird zwar eine Verwechslung mit dem Amt der Gleichstellungsbeauftragten im Verwaltungsbereich ausgeschlossen, aber der jetzige Name klingt einfach etwas antiquiert. Hier w?re ein bisschen Kreativit?t bei Suche nach einem neuen Namen und eine m?glichst baldige Umbenennung angezeigt. Au?erdem w?re es aus meiner Sicht auch an der Zeit, Wiederholungsbefragungen unter den Studierenden und im akademischen Mittelbau durchzuführen, um zu sehen, wie sich die Ver?nderungen in der Repr?sentation von Frauen in der Wissenschaft in den Wahrnehmungen der Angeh?rigen dieser beiden Gruppen niedergeschlagen haben. Diesmal würde es sich auch lohnen, eine Befragung in der Gruppe der Professorinnen und Professoren durchzuführen, die damals wegen der kleinen absoluten Zahl von Professorinnen noch wenig Sinn machte. Diese Anregung würde ich gerne an die heutigen Amtsinhaberinnen weitergeben.