Hegelforum 2011
Ann?herungen. Zur politischen Reichweite der Ethik
Ohne Moral geht die Politik traurige Irrwege, k?nnte man meinen. Und wenn die Moral ganz unpolitisch wird, kann sie nichts mehr erreichen. Beide brauchen das jeweils andere – sind also Moral und Politik voneinander nicht zu trennen? Diese Fragen stellen sich den Politikern in ihrem t?glichen Handeln, oder sollten sich ihnen stellen. Dahinter steht aber ein allgemeines Abgrenzungsproblem: In welchem Verh?ltnis stehen moralische Ideale und Normen zur empirischen Wirklichkeit? Taugt die Ethik überhaupt für die Praxis? In der Vorlesungsreihe wird diese wechselseitige Durchdringung, Absto?ung und Ann?herung aus verschiedenen Fachrichtungen beleuchtet und damit etwas theoretisches Licht in die dunkle H?hle unseres praktischen Handelns fallen.
Programm
11. Mai
Prof. Dr. Michael Stürmer (München)
Moral und Politik - bestenfalls ein schr?ges Verh?ltnis
Moral ohne Politik ist kraftlos, Politik ohne Moral ist ruchlos. Beide brauchen einander. Aber ihr Verh?ltnis ist asymmetrisch, pragmatisch, opportunistisch. Der Historiker und Philosoph Stürmer beleuchtet das "schr?ge" Wechselverh?ltnis vor dem Hintergrund einer alten Weisheit: Wer mit dem Teufel soupieren will, braucht einen langen L?ffel.
18. Mai
Dr. Gerhard Stamer (REFLEX/ Hannover)
Die paradoxe Identit?t von Moral und Politik bei Karl Marx
Dieser Vortrag soll zeigen, wie in humanit?rer, emanzipatorischer Absicht eine Aufhebung der Moral in die Politik geschieht, die auf die Negation der Moral hinausl?uft. Die Darstellung wird dabei die Argumentation einer in die politisch-pragmatische Konsequenz getriebenen Theorie nachvollziehen. Daran schlie?t sich eine prinzipielle Kritik an der Aufhebung der Moral in die Politik an. Positiv wird verdeutlicht, dass Moral als eine eigene ursprünglichen Dimension verstanden werden kann. Der Vortrag bezieht sich dabei vor allem auf die Praktische Vernunft Kants. Der Vortrag endet mit der
Entwicklung von Gedanken, in denen die Richtung skizziert wird, wie über Marx hinauszugehen ist, ohne hinter ihn zurückzufallen. Dadurch dass der Marxismus als Alternative zum Kapitalismus gescheitert ist, ist der Kapitalismus nicht als die Gesellschaftsform einer humanenen Lebenswelt gerechtfertigt.
25. Mai
Prof. Dr. Harald Seubert (Bamberg/ Posen)
Moralische Politiker oder politische Moralisten. Ein philosophisches Bestiarium
Die Unterscheidung zwischen einem Politikertypus, der auf jedem Schritt der Moral ?huldigt’, und einem anderen, der seinen Moralismus zum politischen Instrument macht, geht auf Kant zurück. Zu fragen ist, wie sie sich zu anderen klassischen Distinktionen - wie jener zwischen Gesinnungs- und Verantwortungsethiker bei Max Weber - verh?lt, vor allem aber, wie von hier her Philosophie zu einem Instrument der Realit?tserkenntnis werden kann und wie umgekehrt die Realit?ten des konkreten Bestiariums ihrerseits die politische Philosophie belehren k?nnen.
Dies wird an einigen Knotenpunkten aus Geschichte und Gegenwart gezeigt werden – als Kapitel zu einer philosophischen Moralistik des Politischen, und gleich weit entfernt von abstraktem Normativismus wie einem übersteigerten Idealismus, aber auch einer Kapitulation vor dem ?Weltlauf“.
1. Juni
Prof. Dr. Johannes Marx (Bamberg)
Politische Lügen
Einer Umfrage zufolge glauben fast 60 Prozent aller Einwohner der USA, dass sie von der Bush-Regierung in au?enpolitischen Fragen belogen wurden. Ist dieses starke Misstrauen berechtigt? Es spricht einiges dafür. Der Historiker George Hopkins glaubt beispielsweise, dass alle Pr?sidenten lügen, da sie ansonsten nicht (wieder-) gew?hlt würden. Und in der Tat finden sich beeindruckende Beispiele für politische Lügen in der jüngeren amerikanischen Vergangenheit: So wurden keine Massenvernichtungswaffen im Irak gefunden, Clinton hatte sexuellen 188bet亚洲体育备用_188体育平台-投注*官网 mit einer Praktikantin und Ronald Reagan hat nicht, wie er Itzak Schamir und Simon Wiesenthal erz?hlte, die Befreiung von Konzentrationslagern pers?nlich in Deutschland gefilmt, sondern dieses Filmmaterial in Kalifornien bearbeitet. Die USA ist hier jedoch kein Sonderfall. Politische Lügen finden sich auch in Deutschland. Was aber zeichnet politische Lügen aus? Sind sie moralisch zu rechtfertigen oder unter allen Umst?nden unmoralisch? Was sind die institutionellen Bedingungen, die politische Lügen erm?glichen, erleichtern oder vielleicht verhindern? Und was ist von Eric Altermans Aussage zu halten, dass die verheerendsten Lügen der Pr?sidenten jene sind, die sie selber für wahr halten?
Zeit und Ort
Alle Vortr?ge finden von 18:15 bis 19:45 im H?rsaal H1 des Geb?udes An der Universit?t 2 statt.